Im Bereich der DOS-Viren passierte in diesem Jahr nichts Besonderes, auch wenn einige komplexe Viren wie Nightfall, Nostradamus und Nutcracker auftauchten. Es gab auch einige interessante neue Viren wie den „bisexuellen“ RMNS-Virus und den BAT-Virus Winstart. Zwei weitere Viren, ByWay und DieHard2, verbreiteten sich sehr stark, lösten aber keine ernsten Epidemien aus.
Im Februar verschickte Microsoft infizierte Versionen von Windows 95 an Beta-Tester, allerdings prüfte nur einer davon die Software auf Viren. Er entdeckte, dass die Disks mit From infiziert waren und das Testen wurde verschoben, bis neue Disks ausgeliefert waren.
Im Frühjahr 1995 kündigten zwei Antivirus-Firmen eine Zusammenarbeit an: ESaSS (Entwickler von ThunderBYTE Anti-Virus) und Norman Data Defense Systems (Entwickler von Norman Virus Control). Die beiden Firmen, die beide ein starkes, unabhängiges Antivirus-Produkt anboten, wollten ihre Anstrengungen kombinieren, um ein gemeinsames Antivirus-System zu entwickeln. Drei Jahre später zerfiel diese Allianz durch den Aufkauf der holländischen ESaSS durch eine norwegische Firma.
Im August schlug der Concept-Virus auf Windows zu: In nur einem Monat verbreitete er sich weltweit und war die Nummer Eins auf den Listen der Antivirus-Hersteller zu den verbreitetsten Viren.
Anfang September verbreitete die Digital Equipment Coporation (DEC), einer der weltgrößten Computerhersteller, versehentlich Kopien des Concept-Virus an Teilnehmer einer DECUS-Konferenz in Dublin. Glücklicherweise wurde der Virus schnell entdeckt und ein Ausbruch konnte verhindert werden. Noch heute treiben hundert bekannte Versionen von Concept im Internet ihr Unwesen.
Green Stripe, ein Virus für AmiPro, ein damals beliebtes Textverarbeitungsprogramm, hat sich ebenfalls schnell verbreitet. Sein Quellcode wurde als kostenlose Beilage in Mark Ludwigs Magazin Underground Technology Review verteilt.
Die Ankunft von Macro-Viren brachte für Antivirus-Hersteller eine neue Herausforderung. Neue Technologien mussten entwickelt werden, um Macro-Viren entdecken zu können – zunächst für Microsoft Word, schließlich auch für andere Programme von Microsoft Office.
Die britische Tochter des Verlags Ziff-Davis hatte im Jahr 1995 zweimal mit Viren zu kämpfen. Im September wurde auf einer Diskette des Magazins PC Magazine der Sampo-Virus an die Abonnenten ausgeliefert. Das wurde zum Glück schnell entdeckt und der Verlag entschuldigte sich und bot den Lesern eine kostenlose Antivirus-Lösung an. Ironisch daran war nur, dass die Diskette jener Ausgabe beilag, in der die Ergebnisse eines Antivirus-Tests für Novell-NetWare-Produkte zu finden waren.
Mitte Dezember verschickte dann Computer Life, ein anderes Ziff-Davis-Magazin, eine Diskette mit Weihnachtsgrüßen an seine Leser. Leider war diese Diskette mit dem Parity-Boot-Virus infiziert.
Strafverfolgungsbehörden arbeiteten daran, gegen Cyberkriminalität zu kämpfen. Am 16. Januar brachte das Computer Crime Unit von Scotland Yard den Virenprogrammierer Christopher Pile vor Gericht. Der arbeitslose Pile, auch bekannt unter dem Pseudonym Black Baron, wurde beschuldigt, die Viren Queeg und Pathogen sowie den SMEG Polymorphic Generator entwickelt zu haben. Nach zehn Monaten Verhandlung bekannte sich Pile für schuldig und wurde zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt.